Nachtröpfeln beim Mann: Eine Form der Inkontinenz

Probleme beim Wasserlassen sind Betroffenen unangenehm, wodurch sie es oft verdrängen und keine ärztliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Dabei ist es ganz natürlich, dass im fortschreitenden Alter gesundheitliche Beschwerden auftreten. Ein weit verbreitetes Miktionsproblem ist dabei das Nachtröpfeln von Urin nach dem Wasserlassen. Für Betroffene unangenehm und schambehaftet, doch gut behandelbar.

Postmiktionelle Beschwerden: Nachtröpfeln von Urin bei Männern

Urologische Probleme der unteren Harnwege werden unter dem Begriff LUTS zusammengefasst. LUTS steht für Lower Urinary Tract Symptoms und umfasst dabei Symptome verschiedener Abschnitte der Miktion. So können Probleme bereits vor dem Wasserlassen auftreten, währenddessen oder auch danach. Die sogenannten „Post Voiding Symptoms“ oder auch postmiktionelle Beschwerden treten nach der erfolgten Miktion auf. Die Blase leert sich, das aktive Wasserlassen wird abgeschlossen und es kommt nachträglich zu einem unwillkürlichen, unfreiwilligen Harnverlust – dem sogenannten Nachtröpfeln oder auch Harnträufeln.

Miktion: Vom Harndrang zur Entleerung

Zunächst wird der Urin in den Nieren erzeugt. Diese sind ein Filtersystem, die Abfallstoffe aus dem Blut filtern, sammeln und mit Wasser zum Abtransport vermischen. Über die Harnleiter wird die Flüssigkeit in die Blase transportiert. Die Blase selbst ist ein Hohlorgan, welches dehnbar ist und durchschnittlich 400ml bis 600ml Fassungsvermögen hat. Das Muskelgewebe hält dabei den Urin in der Blase. Wird ein Füllstand von rund 70% erreicht, werden erstmals Signale an das Hirn gesendet, dass ein zeitnahes Wasserlassen erforderlich ist. Bei der Entleerung der Blase kommt es zu einer Kontraktion des Detrusormuskels und zur parallelen Entspannung des äußeren Schließmuskels. Die Blasenwand zieht sich zusammen und drückt den Urin dabei aus dem Hohlraum hinaus. Über die Harnröhre wird die Flüssigkeit nun ausgeschieden. Auch die Beckenbodenmuskulatur nimmt hierbei eine tragende Rolle ein.

 

Tritt nun bereits vor der Miktion Urin aus, spricht man von sogenannten Speicherproblemen. Hierbei ist die Blase nicht mehr in der Lage den Harn vollständig zurückzuhalten. Ist das Wasserlassen selbst beeinträchtigt, beispielsweise durch Startschwierigkeiten oder Schmerzen, handelt es sich um Miktionsstörungen. Kommt es zu Problemen, nachdem der Prozess des Urinierens abgeschlossen ist, handelt es sich um postmiktionelle Probleme.

Inkontinenz

Als Inkontinenz wird jeder unwillkürliche Harnverlust beschrieben. Dabei werden verschiedene Arten, wie beispielsweise die Dranginkontinenz, und Stufen beschrieben:  

  • Leichte Inkontinenz: 50–100ml Harnverlust in 4 Stunden

  • Mittlere Inkontinenz: 101–200ml Harnverlust in 4 Stunden

  • Schwere Inkontinenz: 201–300ml Harnverlust in 4 Stunden

  • Schwerste Inkontinenz: >300ml Harnverlust in 4 Stunden

Formen von Post-Miktionsbeschwerden

LUTS (=Lower Urinary Tract Symptoms) beschreibt Beschwerden der unteren Harnwege, deren Symptome in unterschiedlichen Abschnitten des Urinierens auftreten können: Speicherprobleme vor der Miktion, Miktionsstörungen während des Wasserlassens und postmiktionelle Probleme nach dem Urinieren. Postmiktionsprobleme zeigen sich dabei in unterschiedlichen Formen.

Nachtröpfeln: Post-Miktionstropfen

Das Nachtröpfeln beim Mann wird auch als Nachträufeln bezeichnet und beschreibt das unbeabsichtigte Austreten von kleineren Harnmengen nach dem eigentlichen Wasserlassen. Davon sind insgesamt rund 20% aller Männer betroffen – jung wie alt.

Restharn: Gefühl der unvollständigen Miktion

Mit jedem Wasserlassen sollte sich die Blase vollständig entleeren. Geschieht dies nicht, entsteht sogenannter Restharn. Handelt es sich bei Betroffenen nicht nur um das Gefühl der unvollständigen Miktion, sondern liegt tatsächlich Restharn vor, kann sich das negativ auf die Blasengesundheit auswirken. Mit jedem Urinieren wird die Blase durchspült. Verbleibt nun Urin in der Blase, können sich Krankheitskeime an der Blaseninnenwand festsetzen und Infektionen hervorrufen. Auch Harnsteine können sich auf diese Art bilden. Bei ausbleibender Behandlung können Komplikationen bis zur Nierenschädigung und dem Nierenversagen auftreten.

Ursachen für postmiktionelle Beschwerden bei Männern 

Das Nachtröpfeln beim Mann kann verschiedene Ursachen haben. In diesem Zusammenhang wird im Volksmund auch häufig die Bezeichnung Blasenschwäche verwendet. Wenngleich Miktionsbeschwerden verstärkt im fortschreitenden Alter auftreten, sind auch schon junge Männer vom Nachtröpfeln betroffen.

Harnröhrenverengung

Die Harnröhrenverengung wird auch als Harnröhrenstriktur bezeichnet und beschreibt eine meist narbige Veränderung der Harnröhre. Durch das Narbengewebe verengt sich die Harnröhre, wodurch sich Symptome wie ein abgeschwächter Harnstrahl, häufiger Harndrang, Harnverhalt oder sogar Blut im Urin zeigen können. Mit rund einem Prozent sind Männer von einer Harnröhrenverengung besonders häufig betroffen. Die Ursachen dieser Veränderung sind meist unklar, können aber von Verletzungen im Rahmen von Operationen, Unfällen oder Entzündungen der Harnröhre rühren. Die Lebensqualität von Betroffenen kann stark beeinträchtigt werden, wodurch eine frühzeitige Behandlung empfohlen wird.

BPH: Benigne Prostatahyperplasie

Männer ab 50 Jahren sind besonders häufig von einer sogenannten benignen Prostatahyperplasie betroffen. Dabei handelt es sich um eine gutartige Vergrößerung der Prostata. Viele LUTS-Symptome werden auf die benigne Prostatahyperplasie zurückgeführt. So kann die vergrößerte Prostata Beschwerden wie nächtliches Urinieren, häufigen Harndrang, Startschwierigkeiten bei der Miktion oder auch das Gefühl von Restharn sowie tatsächlichen Restharn begünstigen.

Harnsteine

Bei Harnsteinen handelt es sich um Ablagerungen, die sich durch im Urin gelöste Stoffe bilden. Die normalerweise gelösten Stoffe kristallisieren und es kommt zur Steinbildung. Ursächlich dafür sind Erkrankungen, genetische Veranlagung oder auch Lebensstil und Ernährung. Die Steine können sich dabei in Farbe, Konsistenz und Zusammensetzung unterscheiden. Kleinere Steine verursachen häufig keine akuten Beschwerden und können unbemerkt mit dem Urin ausgeschieden werden. Größere Steine hingegen verursachen starke Schmerzen und Koliken.

Überlaufinkontinenz

Die Überlaufinkontinenz ist eine Form der Inkontinenz und zeichnet sich durch stetiges Tröpfeln oder Träufeln einer übervollen Blase aus. Meist werden dabei kleinere Mengen Harn verloren, doch durch seine Stetigkeit führt es zu einem insgesamt großen Urinverlust. Ursachen dafür können sowohl Hindernisse im Urinfluss sein (=obstruktive Überlaufinkontinenz), als auch eine stark geschwächte Blasenmuskulatur, die nicht mehr in der Lage ist, die Blase vollständig zu entleeren (= funktionelle Überlaufinkontinenz). Es sind mehr Männer als Frauen von der Überlaufinkontinenz betroffen. Bei Männern handelt es sich zudem um die zweithäufigste Inkontinenzform.

Schwache Beckenbodenmuskulatur 

Die Beckenbodenmuskulatur beim Mann spielt sowohl für die Erektion als auch für die Miktion eine tragende Rolle. Eine zu schwache Beckenbodenmuskulatur kann eine Belastungsinkontinenz begünstigen. So treten bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten, wie dem Heben von Getränkekisten, kleine Mengen Harn aus. Doch auch beim Husten, Niesen oder Lachen kann der Schließmuskel im Beckenboden nicht mehr seine Funktion vollständig erfüllen.

Weitere Ursachen für das Nachtröpfeln beim Mann

Das Nachtröpfeln oder Harnträufeln kann neben den beschriebenen Ursachen weitere Auslöser haben. Dazu zählen auch:

  • Schwache Blasenmuskulatur

  • Verminderte Durchblutung

  • Störung des Nervensystems

  • Spätfolgen Bestrahlung von Krebs

  • Angeborene Anomalie

Therapie: Nachtröpfeln bei Männern behandeln

Betroffene sollten bei Problemen der unteren Harnwege einen Arzt konsultieren. Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie man selbst aktiv dem Nachtröpfeln entgegenwirken kann.

 

  1. Im Sitzen urinieren

Um ungewolltes Nachtröpfeln zu vermeiden, sollten Betroffene im Sitzen urinieren. Die richtige Körperhaltung kann den nachträglichen Urinverlust verhindern. Betroffene sollten daher auf einen geraden Rücken achten, die Beine leicht auseinandernehmen und die Füße flach auf dem Boden abstellen. Durch verschiedene Bewegungen – wie beispielsweise dem Anspannen der Beckenbodenmuskulatur – kann zudem die vollständige Entleerung der Harnröhre unterstützt werden.

  1. Beckenbodentraining

Beckenbodentraining ist grundsätzlich empfehlenswert und kann bereits präventiv erfolgen. Durch eine Stärkung der Muskulatur kann der Belastungsinkontinenz entgegengewirkt und die Blase besser kontrolliert werden.

  1. Leichter Druck auf die Harnröhre

Nach dem Urinieren können Betroffene das Nachtröpfeln noch auf der Toilette selbst auslösen und so unangenehmen Urinverlust in der Kleidung vermeiden. Dafür wird der Finger an der Unterseite der Harnröhre platziert und mit leichtem Druck bis zur Penisspitze geführt.

FAQ

Was tun gegen Nachtröpfeln beim Mann?

Es gibt verschiedene Ursachen für das Nachtröpfeln beim Mann. Je nach Ursache gibt es unterschiedliche Behandlungsansätze, wie beispielsweise Beckenbodentraining. Diese Form der Inkontinenz kann auch im Zusammenhang mit der Prostata stehen, weswegen für Männer ein Besuch beim Arzt ratsam ist.

Wie viel Nachtröpfeln ist normal?

Nachtröpfeln ist grundsätzlich nicht normal und geht über das „Abschütteln“ der Männer nach dem Wasserlassen hinaus.

Wie viel Restharn beim Mann ist normal?

Nach jedem Toilettengang sollte die Blase vollständig entleert sein, weswegen Restharn grundsätzlich nicht normal ist.

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Blasenschwäche & Inkontinenz: Speicherprobleme der Blase