LUTS: Hintergründe zu häufigem Harndrang
Mit steigendem Alter häufen sich die gesundheitlichen Defizite. Häufiger Harndrang oder Probleme beim Wasserlassen treten dabei in der Regel schon vor dem Rentenalter auf und können Betroffene im Alltag belasten. Da diese Symptome Anzeichen für andere Erkrankungen sind, werden sie unter dem Begriff LUTS zusammengefasst.
Lower Urinary Tract Symptoms
LUTS ist die Kurzform für Lower Urinary Tract Symptoms und beschreibt verschiedene Beschwerden der unteren Harnwege. Der Begriff wurde erst 2002 als umfassende Bezeichnung für Speicher- und Entleerungssymptome sowie Beschwerden nach der Blasenentleerung und der überaktiven Blase definiert. Dazu zählen vermehrter Harndrang (= Pollakisurie), Harnabgang bei Niesen, Husten oder Lachen, unkontrollierter Harnabgang oder auch generelle Beschwerden rund um das Urinieren.
Prostata: Nicht immer ist sie die Ursache
Bei Problemen mit der Blase in Kombination mit einer tastbaren Prostatavergrößerung wird auch heute noch vorschnell die Prostata als Ursache der Symptome angesehen. Männern wird der häufige Harndrang meist als Symptom des benignen Prostatasyndrom (kurz BPS) diagnostiziert. Ein Zusammenhang zwischen den Beschwerden und der Größe der Prostata besteht jedoch nicht.
Häufigkeit: LUTS tritt besonders häufig bei Männern auf
Das Lower Urinary Tract Symptoms (kurz LUTS) betrifft vor allem Männer. Die sogenannte EPIC-Studie im Jahr 2006 zeigt, dass über 60% der teilnehmenden Männer von Beschwerden der unteren Harnwege berichteten.
EPIC-Studie: Häufiger Harndrang bei Männern
In dieser Studie wurden die Symptome von LUTS in insgesamt fünf Ländern – darunter Deutschland – abgefragt. Studienteilnehmer wurden auf potenzielle Speicherprobleme, Entleerungsprobleme und postmiktionelle Probleme befragt. Zu Speicherproblemen gehören beispielsweise das Syndrom der überaktiven Blase (kurz OAB), unter Entleerungsproblemen fallen Startschwierigkeiten oder auch ein schwacher, unterbrochener Harnstrahl und unter postmiktionellen Symptomen versteht man auch ein Restharngefühl sowie das Harnnachtröpfeln.
Die Ergebnisse gliedern sich wie folgt:
51,3% der Männer beklagen Speicherprobleme
25,7% der Männer berichten von Entleerungssymptomen
16,9% der Männer sind von postmiktionellen Beschwerden betroffen
EpiLUTS-Studie: LUTS verstärkt bei Männern Ü40
Eine Studie aus 2009 zeigt zudem, dass über 71% aller Männer über 40 Jahren von LUTS betroffen sind. Der Fokus dieser Studie lag auf den Symptomen selbst, wie häufig und in welcher Konstellation diese in Erscheinung treten. Rund ¼ aller Männer können von einer Kombination aller drei Symptomatiken berichten:
24,3% Speicher- und Entleerungsprobleme sowie postmiktionelle Probleme
12,1 % Entleerungsprobleme
10,4% Entleerungsprobleme und postmiktionelle Probleme
10,3% Speicher- und Entleerungsprobleme
9,1% Speicherprobleme
3% postmiktionelle Probleme
2% Speicherprobleme und postmiktionelle Probleme
Symptomatik bei LUTS: Erkrankungen der unteren Harnwege
LUTS beschreibt Beschwerden vor, während und nach dem Wasserlassen. Konkret handelt es sich dabei um Speicherbeschwerden, Miktionsbeschwerden und postmiktionelle Beschwerden. Die Ursachen dahinter sind vielfältig.
Speicherbeschwerden
Speicherbeschwerden – sogenannte irritative Symptome – treten vor dem Urinieren auf und beziehen sich auf das Halten des Urins in der Blase.
Häufiger Harndrang (=Pollakisurie)
Nächtlicher Harndrang (=Nykturie)
Stressinkontinenz (unwillkürliches Wasserlassen bei Anstrengung, Husten, Niesen oder Lachen)
Dranginkontinenz (plötzliches Bedürfnis des Urinierens, ohne es unterdrücken zu können)
Mischinkontinenz (Dranginkontinenz plus Stressinkontinenz)
Miktionsbeschwerden (=Entleerungsprobleme)
Miktionsbeschwerden – sogenannte obstruktive Symptome – treten während des Wasserlassens auf und beziehen sich auf das Urinieren selbst.
Schmerzen beim Urinieren (=Dysurie)
schwacher Harnstrahl
Geteilter oder nur schwer kontrollierbarer Harnstrahl
intermittierende Miktion (Harnstrahl unterbricht während des Wasserlassens)
verzögerte Miktion
erschwerte Miktion
Nachtröpfeln nach erfolgter Miktion
Postmiktionsbeschwerden
Postmiktionelle Symptome beschreiben Beschwerden nach dem Wasserlassen.
Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung
unkontrollierter Harnverlust nach dem Urinieren
LUTS: Ursachen für Beschwerden der unteren Harnwege
Das Lower Urinary Tract Symptoms (kurz LUTS) umfasst Symptome verschiedener Erkrankungen der unteren Harnwege. Die Ursachen können daher vielfältiger Natur sein und beispielsweise neben einer Prostataerkrankung auch durch Alter, Medikamenteneinnahme oder metabolische Komorbiditäten bedingt sein.
Miktionsstörungen: Probleme bei der Entleerung der Blase
Unter Miktion versteht man den Prozess, der zur Entleerung der Blase führt. Dieser ist üblicherweise schmerzlos und läuft ohne Probleme ab. Von Miktionsstörungen wird dann gesprochen, wenn dieser Vorgang beeinträchtigt ist. Diese umfassen Schmerzen beim Urinieren, ein verändertes Miktionsvolumen oder -frequenz, aber auch ein erschwertes Urinieren. Pollakisurie – also häufiger Harndrang – zählt dabei zu den häufigsten Vertretern.
BPH: Benigne Prostatahyperplasie
Die häufigste Ursache für Störungen bei der Miktion ist eine gutartige Vergrößerung der Prostata. Die sogenannte benigne Prostatahyperplasie kann sich schon ab dem 30. Lebensjahr entwickeln und betrifft rund 50% aller Männer über 60 Jahren. Die Vergrößerung der Prostata selbst wird noch nicht als krankhaft gewertet. Erst beim benignen Prostatasyndrom (kurz BPS) wird von einer behandlungsbedürftigen Erkrankung gesprochen.
BOO: Blasenauslassobstruktion
Bei der sogenannten Blasenauslassobstruktion (kurz BOO) kommt es zu einer Behinderung des Urinflusses aus der Harnblase. Ursächlich dafür sind Blockaden im Bereich des Blasenhalses, wie beispielsweise das benigne Prostatasyndrom (kurz BPS).
OAB: Überaktive Blase
Bei der Overactive Bladder (kurz OAB) handelt es sich um eine Blasenspeicherungsstörung. Die überaktive Blase wird dabei auch als Reizblase beschrieben, die sich durch einen plötzlich auftretenden, dringenden Harndrang auszeichnet, obwohl die Harnblase selbst nur geringe Mengen an Urin enthält. Ursächlich für diese Symptomatik kann beispielsweise eine Blasenentzündung, ein Harnwegsinfekt oder auch psychosomatische Belastung, wie beispielsweise Stress, sein.
Diagnostik: LUTS bei Männern richtig diagnostizieren
Um eine Verbesserung der Symptomatik erzielen zu können, muss zunächst eine Diagnose gestellt und anschließend eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. Die Diagnostik erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird mit einer Anamnese begonnen, um eine möglichst vollständige Krankheitshistorie vom Patienten zu erhalten. Ziel ist dabei auch die Identifikation potentieller Trigger für die Symptome.
IPSS-Score: Der International Prostate Symptome Score
Nach der Anamnese folgt die Evaluierung, inwieweit die vorliegende Symptomatik die Lebensqualität des Patienten beeinflusst. Dem IPSS-Score liegt ein standardisierter Fragebogen zugrunde. Im International Prostate Symptome Score wird die Häufigkeit und der Schweregrade der LUTS-Symptomatik ermittelt. Als Vergleichshorizont werden hierbei die Beschwerden der letzten vier Wochen herangezogen. Insgesamt gibt es sieben Fragen mit jeweils bis zu fünf Punkten. Jede Frage wird auf einer Skala von 0 (keine Symptome) bis 5 (sehr schwere Symptome) bewertet. Maximal gibt es 35 Punkte.
Die Kategorisierung sieht wie folgt aus:
0-7: Milde Symptome
8-19: Moderate Symptome
20-35: Schwere Symptome
Neben den sieben symptombezogenen Fragen fragt der IPSS auch die Lebensqualität ab. So soll der Patient auf einer Skala von 0-6 einschätzen, wie stark seine Lebensqualität unter der Symptomatik leiden würde, wenn er diese ein Leben lang hätte.
Als Nachteil des IPSS ist die mangelnde Abfrage von Inkontinenz- und postmiktionellen Symptomen aufzuführen.
Die Diagnostik schließt mit einer körperlichen Untersuchung, gefolgt von einer Urin- und Blutuntersuchung, einem Miktionsprotokoll und geht bis zur Sonographie der Harnblase.
Differentialdiagnosen: Ausschluss organischer und infektiöser Ursachen
Unter einer Differentialdiagnose versteht man eine Erkrankung mit nahezu identischer Symptomatik, die bei der Diagnosestellung beleuchtet und ausgeschlossen werden muss. Potentielle Differentialdiagnosen bei LUTS sind neben Harnwegsinfekten auch organische Ursachen, wie beispielsweise das Prostatakarzinom (=Prostatakrebs).
Therapie: So kann LUTS behandelt werden.
Das Lower Urinary Tract Symptoms (kurz LUTS) beschreibt Symptome verschiedener Erkrankungen der unteren Harnwege. Hierbei gibt es verschiedene Arten der Therapie, die sich je nach Schweregrad richten. Bei milden Verläufen ist eine Verhaltenstherapie oftmals schon ausreichend. Durch kleine Veränderungen im Alltag kann hier bereits eine deutliche Linderung erreicht werden. Dazu zählen beispielsweise die Anpassung der Trinkmenge vor dem Schlafen oder auch Beckenboden-Übungen. Bei moderaten bis schweren Ausprägungen ist eine medikamentöse oder chirurgische Therapie notwendig. Bei Erkrankungen wie beispielsweise der Blasenauslassobstruktion (kurz BOO) kann beim Versagen der medikamentösen Therapie die chirurgische Therapie folgen.
FAQ
Was sind LUTS Symptome?
Die Symptome bei LUTS gliedern sich in Speicherprobleme, Entleerungsprobleme und postmiktionelle Probleme. Dazu zählen beispielsweise häufiger Harndrang, Schmerzen beim Wasserlassen oder auch das Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung.
Was ist LUTS?
LUTS ist die Kurzform für Lower Urinary Tract Symptoms und umfasst verschiedene Symptome der unteren Harnwege. Es ist die Bezeichnung für Speicher- und Entleerungssymptome sowie Beschwerden nach der Blasenentleerung.
Was kann häufiges Wasserlassen bedeuten?
Häufiger Harndrang (=Pollakisurie) kann verschiedene Auslöser haben. Dazu zählen neben Erkrankungen wie Diabetes beispielsweise auch das benigne Prostatasyndrom (kurz BPS). Eine genauere Diagnostik kann Aufschluss über die zugrunde liegenden Ursachen geben.